Kennt ihr dieses Gefühl? Ein Buch, das euch so richtig in seinen Sog zieht, sodass ihr denkt, ihr seid Teil der Handlung? Etienne, der Protagonist des neuen Titels The Bookwalker: Thief of Tales aus dem Hause DO MY BEST kennt es nämlich sehr gut. Zu gut sogar.
Eigentlich ist Etienne selbst Schriftsteller. Doch als ihm die Fähigkeit genommen wird Romane zu schreiben, geht er einen folgenschweren Deal ein. Mit einer mysteriösen Stimme am Telefon vereinbart er einen Tausch: sechs Gegenstände soll er beschaffen, und seine “Fesseln” werden ihm abgenommen, damit er wieder schreiben kann.
“Beschaffen” ist eine schmeichelnde Umschreibung – Etienne soll die Gegenstände klauen. Als wäre Diebstahl nicht genug, muss er dafür auch noch an einen höchst ungewöhnlichen Ort: als titelgebender Bookwalker begibt er sich hierbei in die fiktive Welt von Romanen und wird Teil der Handlung. Dort gilt es einen vermeintlich wertvollen Gegenstand zu stehlen, und ihn zurück die reale Welt zu bringen.
Dabei steuert ihr Etienne in der isometrischen Perspektive durch die verschiedenen Welten, sprecht mit Charakteren und löst Rätsel, um an das begehrte Item zu kommen. Die Universen, in denen ihr euch bewegt, sind dabei der Star und sind mindestens so außergewöhnlich wie die Story des Games selbst. Ob an Bord eines Raumschiffs, das das legendäre Schwert Excalibur trägt, oder ein mittelalterliches Setting, das mehr verbirgt, als es auf den ersten Blick scheint: hier glänzt Bookwalker mit ordentlich Einfallsreichtum.
Alleine müsst ihr euch nicht auf eure Reise begeben, denn sehr schnell bekommt ihr einen Begleiter: Roderick besteht zwar nur aus einem kleinen Käfig und einem Stück Papier darin, tatsächlich ist er aber ein Charakter, der sein Gedächtnis zu verloren haben scheint. Genau wie Etienne weiß aber auch er, dass er sich in der Handlung eines Buches befindet. So ergeben sich zwischen den beiden Interaktionen, die vor trockenem Humor nur so triefen. Wenn auch von den anderen tatsächlichen Charakteren innerhalb der verschiedenen Welten oft nicht viel hängen bleibt, sind die beiden zusammen immer für einen Lacher gut.
Der dialoglastige Aufbau wird durch eingestreute Rätsel angenehm aufgelockert, die einem allerdings nie zu viel abverlangen. Stellenweise würde ich sie tatsächlich zu einfach nennen. “Hol Batterie aus Roboter X, bring sie zu Roboter Y und setz sie bei ihm ein”. Man erwartet oft noch, dass das Rätsel eine weitere Schleife zieht, denn das kann es ja nich schon gewesen sein, das ist dann aber wiederholt der Fall.
Auch ein Kampfsystem musste natürlich eingebaut werden, und das nenne ich, wie es ist: überflüssig. Die rundenbasierten Kämpfe, die einem zudem mit einer sehr beschränkten Auswahl an Aktionen nicht viel Spielraum geben, wirken einfach fehl am Platz, wie ein Held aus einem Abenteuerroman, der plötzlich in einer Liebesgeschichte landet. Hier hätte man stattdessen gerne mehr Zeit in die Rätsel investieren, und diese herausfordernder gestalten können.
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Fazit
Mit The Bookwalker: Thief of Tales liefert das russische Indie-Studio DO MY BEST immerhin erst ihr Zweitwerk ab, und dafür muss man sagen: Hut ab! Mit enorm kreativen Ideen und witzigen Hauptcharakteren hat sich der Titel bei mir massig Charmepunkte erspielt.
Auf Gameplay-Seite ist auf jeden Fall Luft nach oben, wenn man die Qualität offensichtlicher Vorbilder wie Disco Elysium erreichen will. Rätsel brauchen Feinschliff, und bevor man sich um ein Kampfsystem bemüht, sollte man überdenken, welche Art von Spiel man eigentlich entwickelt.
Für 15€ können Freunde des interessanten Storytellings und faszinierenden Welten aber wirklich nicht viel falsch machen, denn dafür bekommt ihr 6-7 sehr einzigartige Stunden Spielspaß.
The Bookwalker: Thief of Tales verdiente sich die
GAMAZINE SILVER TROPHY