Mit Cult of the Lamb liefert Devolver Digital wieder einmal einen Titel, der sich perfekt in das skurrile Portfolio des Publishers einreiht. Charakterdesign und Story etwa könnten in keinem größeren Widerspruch zueinander stehen, Animal Crossing trifft hier auf Call of Cthulhu. Doch wieviel steckt hinter dem Hype um den Kult-Simulator und wieviel Spielspaß bietet er wirklich?
Eure Karriere als Kultanführer beginnt erstmal unerwartet: als wortwörtliches Opferlamm werdet ihr einem Tribunal aus vier Propheten des Alten Glaubens vorgeführt und als Ketzer hingerichtet. Der vermeintliche Tod hält allerdings nicht lange, denn im Jenseits wartet bereits eine mysteriöse Gestalt, die euch ein Angebot macht, das ihr nicht ablehnen könnt: ihr werdet wiederbelebt, und sollt dafür „Jenem, der Wartet“ zu Ehren einen Kult aufbauen und die vier Propheten stürzen, damit Er aus dem Jenseits zurückkehren kann.
Damit ist dann der Startschuss für den Gameplay-Loop gefallen, der den Kern von Cult of the Lamb bildet. Das Spielgeschehen lässt sich nämlich relativ klar in zwei Hälften unterteilen.
Zuerst einmal heißt es, ein Lager für euren Kult aufzubauen, und sich um die Bedürfnisse eurer Kultanhänger zu kümmern, die sich in drei Kategorien unterteilen: Hunger, Hygiene und Glaube. Ihr müsst also bspw. sicherstellen, dass auf euren Feldern genügend angebaut wird, um alle Mäuler zu stopfen, und dass verstorbene Kultmitglieder nicht zu lange einfach in der Gegend herum verwesen, ohne anständig begraben zu werden, und. Fans von Management-Simulationen kommen hier voll auf ihre Kosten.
Interessant wird es aber vor allem, wenn um den Glauben geht, der in einem Kult natürlich groß geschrieben wird. Als Anführer liegt es an euch, dafür zu sorgen, dass ihr von euren Untergegeben angehimmelt werdet, da ihr ohne deren Glauben keine großen Fortschritte im Spiel machen werdet: neue Gebäude für euer Lager, neue Skills und Waffen für euren Charakter werden u.a. nur freigeschaltet, wenn ihr euch genügend um die religiösen Belange eurer Schäfchen kümmert. Für genügend Motivation ist also gesorgt, diesen Aspekt nicht links liegen zu lassen.
Um euch dabei zu unterstützen, könnt ihr bspw. Doktrine verkünden, die als dauerhafter Buff für euer gesamtes Lager dienen. Dabei stellen euch diese immer vor eine Entscheidung: sollen eure Anhänger freiheitsliebend sein und einen Glaubensschub bekommen für jeden Tag, an dem sich niemand in Gefangenschaft befindet? Oder wollt ihr lieber dogmatische Fanatiker, die beim Anblick eines Dissidenten in Ketten in ihrem Glauben nur noch bekräftigt werden?
In den frühen Spielstunden werdet ihr hier die meiste Zeit verbringen, wenn es darum geht, eurem Kult weihen und gedeihen zu lassen, und werdet es genießen, nach und nach euer Lager auszubauen.
Grade im Endgame allerdings werden nicht wenige der Aufgaben entweder irrelevant, weil ihr schon mehr als genug von Ressource x gesammelt habt, oder sie verkommen zur lästigen Checkliste. „Hab ich heute schon gepredigt?“ ist ein Satz, den ihr euch öfter fragen werdet. Hier geht der Spieltiefe gegen Ende leider die Puste aus, und ausschließlich die zweite Hälfte des Gameplays wird relevant.
In der geht es nämlich ums Kämpfen. Neben den vier Propheten will natürlich auch ihr Fußvolk ordentlich aufs Fressbrett bekommen. Die Spielwelt teilt sich entsprechend in vier separate Biome auf, in denen ihr euch in bester Roguelite-Manier von Raum zu Raum schnetzelt und auf dem Weg Ressourcen, neue Anhänger oder Kampf-Buffs in Form von Tarotkarten aufsammelt. Am Ende eurer Reise erwartet euch schließlich einer der Propheten, der auf seine Portion Prügel wartet.
Als Offensive habt ihr zwei Alternativen im Gepäck: euren Standardangriff mit einer Hieb- oder Stichwaffe und euren magischen Angriff. Das Kampfsystem an sich bietet leider keine großartigen Kombos o.ä. und bleibt an sich recht simpel. Variation wird aber durch die verschiedenen Kombinationen aus Standard- und Spezialangriff geboten, die ihr zu Beginn jedes Runs zufällig ausgerüstet bekommt. Ob der Tentakelangriff besser mit der Streitaxt oder dem Dolch zusammenpasst, ist eine der Fragen, die hier für etwas Wiederspielwert sorgen.
Das Gegnerdesign ist dabei durchaus kreativ und lässt teilweise Erinnerungen an The Binding of Isaac aufkommen. Im Vergleich zum ultraknuffigen Look eurer Anhänger freut ihr euch also fast schon, so schnell wie möglich wieder „zuhause“ sein und den Run zu Ende zu bringen.
Abseits vom Getümmel habt ihr noch die Chance euch in Würfel-Minispielen ein Taschengeld dazu zu verdienen, oder ihr sammelt für obskure Charaktere Ressourcen in euren Runs, die ihr über einige Umwege wiederum gegen permanente Upgrades eures Lämmchens eintauschen könnt. Hiervon werdet ihr nicht allzu sehr vom Hauptpfad abgelenkt werden, aber ein nettes Sahnehäubchen ist es allemal.
Fazit
Auch wenn Cult of the Lamb auf den letzten Metern etwas nachlässt, bietet uns Devolver Digital mit ihrem Titel trotzdem eine köstliche Mischung aus Management-Simulation und Roguelite, die das Suchtpotential beider Genres auf clevere Weise kombiniert. Noch eine gehörige Prise dunklen Humor über das Ganze, und fertig ist der Kult-Hit!
Cult of the Lamb verdiente sich die
GAMAZINE SILVER TROPHY
Trailer