Italienische Folklore und Soulslikes – dass diese merkwürdige Stimmung funktionieren kann, hat bereits Lies of P 2023 eindrucksvoll bewiesen. “Können wir auch”, dachte sich Jyamma Games – das Ergebnis nennt sich Enotria: The Last Song, und erschien im September 2024. Aber kann es ebenso wie sein Pendant überzeugen, dass sich 2023 auf einigen Game of the Year-Listen wieder fand?
In einer Welt, die von puppenähnlichen Humanoiden bewohnt wird, spielt man den Maskenlosen, ein Wesen, das verschiedene Formen (und damit Spielstile) annehmen kann, indem es eine Vielzahl von Masken trägt, die man im Spiel findet. Diese Masken verändern das Aussehen des Maskenlosen und verleihen ihm einzigartige Boni. Eine Maske kann zum Beispiel den Schaden schwerer Angriffe erhöhen, während eine andere die Anzahl der wiederauffüllbaren Heilgegenstände, die man tragen kann, erhöht.
Masken bilden die Grundlage für die Ausrüstungen, von denen man bis zu drei erstellen kann. In einer einzigen Ausrüstung kann man bis zu zwei Waffen, vier aktive Fertigkeiten (hier als „Linien“ bezeichnet), sechs passive Fähigkeiten, die über einen Fertigkeitenbaum freigeschaltet werden können, einen Parierstein, der bei erfolgreichem Blocken einzigartige Effekte gewährt, sowie einen „Aspekt“, der die fünf maßgeblichen Stats des Spiels verbessern oder verschlechtern kann, ausrüsten.
Das hört sich nicht nur nach viel an, und Enotria leistet leider keine besonders gute Arbeit, wenn es darum geht, das alles verständlich rüber zu bringen – nicht einmal in den frühen Tutorial-Segmenten. Das führt dazu, dass man viel Zeit damit verbringt, sich zu fragen, welchen Nutzen jedes einzelne Teil der Ausrüstung für einen hat. Die komplizierte Terminologie des Spiels macht das Ganze nicht besser.
Die Auswirkungen des Elementarschadens, die Namen von Gegenständen und sogar die Geschwindigkeit, mit der eine Waffe geschwungen wird, sind alle auf Italienisch geschrieben. Ich kann mich nicht allzu sehr darüber beschweren, da es zum allgemeinen Setting und den Themen des Spiels passt, und ich Italienisch verstehe, aber für den Großteil der Spieler würde es sich auf jeden Fall auf die Verständlichkeit auswirken.
Eine Sache, die keiner Erklärung bedarf, ist das atemberaubende Weltdesign von Enotria. Die sonnendurchfluteten Umgebungen strotzen nur so vor lebendigen Farben – etwas, das man von den besten Soulslike-Spielen nicht gewohnt ist, die in der Regel in einem angemessen düsteren Ton gehalten sind. Der einzigartige mediterrane Flair wird wunderbar transportiert.
Auch das Leveldesign von Enotria kann sich insgesamt sehen lassen. Zwar erreicht Enotria nicht ganz die Komplexität von FromSoftware, aber es gibt viele verwinkelte Straßen, Gassen, Ecken und Winkel, die den Spieler dazu ermutigen, auf Entdeckungsreise zu gehen, während der kritische Pfad leicht zu verfolgen ist – eine gute Balance zwischen Linearität und optionaler Erkundung.
Leider ist das Spiel in der Kampfabteilung ziemlich schwach. Für ein Soulslike zwar in Ordnung, fehlt es den Waffenschlägen aber doch oft an der Wucht, die man aus anderen Titeln gewohnt ist, was dazu führt, dass die ganze Angelegenheit ziemlich kraftlos wirkt. Leider kein Vergleich mit Zeitgenossen wie Lies of P und natürlich Elden Ring.
Das Spiel ist zudem insgesamt recht einfach; es gibt reichlich Upgrade-Materialien und die für den Levelaufstieg benötigten XP. Es ist auch ein relativ kurzes Spiel, vor allem für ein Soulslike. Man kann das Spiel innerhalb von 20 Stunden durchspielen, was es Enotria ermöglicht, ein sehr gutes Pacing vorzulegen, und bleibt dabei nicht zu langatmig.
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Fazit
Wer ein kurzes, nicht zu schwer Soulslike sucht, das zudem mit indivuellem Weltdesign aufwarten kann, das sich von anderen Genre-Vertretern abhebt, ist hier richtig. Damit würde sich Enotria: The Last Song als Einstieg für Soulslike-Neulinge empfehlen. Die müssen sich dann aber darauf vorbereiten, sich in das komplizierte Kampfsystem selbst einzuarbeiten.