Dass der Publisher Devolver Digital einen…”besonderen” Humor hat, weiß man nicht erst seit gestern. Auch das neueste Machwerk Anger Foot aus dem Hause Free Lives Games trägt die unverkennbare Handschrift des Mutterhauses und übertrumpft sich an allen Ecken und Enden selbst an Groteske. Doch was kann das Ding spielerisch?
Euer namenloser und maskierter Charakter lebt in Shit City (ja wirklich), in der wortwörtlich das Verbrechen regiert. Polizei und Politik sorgen dafür, dass vier Gangs das Stadtgebiet unter sich aufteilen können. So weit, so bekannt. Als euch aber die geliebte Sneaker-Sammlung aus der Wohnung geklaut wird, ist Schluss mit lustig – mit eurem trittstarken linken Bein begebt ihr euch auf die Suche nach eurem Eigentum und kickt dabei Gangmitgliedern jeglicher Coleur die Kauleiste ein.
Dabei stehen euch nicht nur die blanken Füße zur Verfügung; Schusswaffen, die eure Gegner fallen lassen, könnt ihr ebenso verwenden, und nach dem Gebrauch dem nächsten an den Kopf pfeffern. Und auch die Schuhe, die ihr auf eurem Weg sammelt, haben einen Mehrwert. Jeder bringt ein ganz individuelles Upgrade mit sich. Die einen Sneaker vergrößern die Köpfe der Gegner für bessere Headshots, während das Paar Sandalen euch nach dem Ableben nochmal auferstehen lässt (wo hab ich das schon mal gehört…).
Spielerisch erinnert das ganze etwas an Hotline Miami, mit dem das Publisherhaus Devolver sich einst einen Namen machte, nur aus der Ego-Perspektive. Auch hier gilt es, zwar zügig aber bedacht durch die Level zu gehen und die Route (oftmals durch Trial & Error) penibel zu planen: zuerst trete ich hier die Tür ein, dann kick ich dem da den Schädel ein und die zwei auf der anderen Seite des Raumes knall ich ab.
Das Spielkonzept ist also an sich keine bahnbrechende Erfindung, aber es funktioniert und bringt durch immer neue Gegnertypen oft genug frischen Wind ins Gameplay. Die knackige und präzise Steuerung (zumindest mit Maus und Keyboard, was ich euch hier sehr ans Herz legen würde) setzt dem Ganzen die Krone auf. Außerdem wird es einfach nie langweilig, einen Schuften mit Wucht vom Dach zu treten.
Auch soundtechnisch kann Anger Foot voll überzeugen. Donnernde Techno-Bässe begleiten euch auf eurer Reise und untermalen das Geschehen prägnant. So macht das Treten gleich dopppelt Spaß.
Was so langsam allerdings schal wird, ist der eingangs erwähnte Humor und Stil, den Devolver wohl jedem seiner Entwicklerhäuser aufgedrückt hat, wie es scheint. Während sie sich als individuelles und kreatives Studio verkaufen, hat es inzwischen eher den Eindruck, dass die Devise lautet: egal ob es kreativ ist, egal ob es geschmacklos oder infantil ist – Hauptsache “quirky” und abgedreht. Seit einigen Jahren hat es dermaßen Struktur, dass es durchschaubar ist. Der Neuigkeitseffekt hat sich abgenutzt, und so langsam wirkt es abgestanden. Leider wirkte sich das bei mir auch darauf aus, wie sehr mich Story und Worldbuilding überzeugen konnten. Die geraten über lange Strecken ins Hintertreffen. Stil und Pointen sind König. Fans des Devolver-Humors kommen dafür voll auf ihre Kosten.
Fazit
Mit Anger Foot bringt uns Free Lives Games ein Spiel, dessen Inspiration offensichtlich ist, das aber zumindest spielerisch genug anders macht, um heraus zu stechen. Für Fans des inzwischen typischen Tons aus dem Hause Devolver läuft hier nichts falsch, alle anderen sollten sich vorab ein Bild machen, ob ihnen das mittlerweise nicht zu stumpf und absichtlich durchgedreht ist.
Für 25 € bekommt ihr eine Spielzeit von ca. 5 Stunden Wer Bock drauf hat, kann gerne mit dem Fuß ins Haus fallen.
Anger Foot verdiente sich die
GAMAZINE BRONZE TROPHY