„Nobody expects the Spanish Inquisition!“ – so ging es mir ungefähr auch, als ich auf die Liste der Releases im Februar schaute, und dabei The Inquisitor erspähte. Das Dark Fantasy-Adventure aus dem polnischen Entwicklerhaus The Dust möchte es mit seinem Setting und seinem einsilbigen Protagonisten mit kratziger Stimme den Landsmännern und -frauen von CD Projekt Red gleichtun. Denn wie die Monsterjagd der Witcher-Reihe entspringt auch die Welt von The Inquisitor der Feder eines polnischen Fantasyautors, in diesem Falle von Jacek Piekara. Kann der Titel an die Erfolge rund um Geralt von Rivia anknüpfen?
Das Setting des Titels setzt sich vorerst einmal deutlich von anderen Fantasy-Titeln ab: an das echte Mittelalter angelehnt, spielt ihr den christlichen Inquisitor Mordimer Madderdin. Auch in dieser Realität gilt es, Ungläubige und Hexen zu jagen und auf den Scheiterhaufen zu bringen. Einziger Unterschied: die Lehren von Vergebung und Nächstenliebe, die aus Jesus‘ Lebensgeschichte bekannt sind, existieren nicht. Denn der Messias dieser Welt hat sich nicht seinem Schicksal am Kreuz ergeben, sondern sich los gerissen, seine römischen Henker zur Strecke gebracht, und ihr Imperium erobert. So wurde aus der zumindest theoretisch gutmütigen katholischen Kirche eine blutrünstige und tyrannische Institution, die angebliche Ketzer und Magier den Garaus macht.
Die Romanreihe von Piekara war mir vorher kein Begriff (soweit ich weiß, existieren keine deutschen Übersetzungen), daher hat mich dieses Setting doch sehr überrascht. Tatsächlich hat es eine Weile gedauert, bis ich verstanden habe, was es mit diesen kreativen und stilvollen Zwischensequenzen im Graphic Novel-Look auf sich hat, in denen Jesus quasi zum Actionhelden wird. Sobald ich verstanden hatte, dass es sich hier gar nicht um unsere Realität handelt, konnte ich mich auf diese Welt einlassen, und mich von ihr überzeugen lassen. Erfrischend anders lässt sich der Ansatz wohl am besten beschreiben.
Leider aber hören die positiven Aspekte dann auch schnell auf, wenn man über die Präsentation hinaus schaut, denn gameplay-technisch kann man leider kaum ein gutes Haar an dem Titel lassen. Grob zusammenfassen lassen sich die Kernelemente in Kämpfen, Erkundung und Dialoge bzw. Fälle aufklären (vgl. Frogwares Sherlock Holmes-Reihe).
Die Kämpfe wurden am meisten vergurkt, was grade angesichts des mittelalterlichen Settings verdammt schade ist. Die Schwertkämpfe fühlen sich an, als würde man mit Holzstöcken aufeinander einkloppen. Sattes Trefferfeedback – Fehlanzeige. Und auch die Komplexität lässt arg zu wünschen übrig. Leichte Attacke, schwere Attacke, blocken, ausweichen – fertig. Viel Variation ist mit dieser Kombination nicht möglich, und schnell verkommen die regelmäßigen Kämpfe zur langweiligen Pflichtaufgabe. Ganz zu schweigen davon, dass sie sich wie unter Wasser anfühlen; der Input Lag hilft dabei auch nicht grade.
Die Erkundung gestaltet sich ähnlich banal. Viele nennenswerte Interaktionsmöglichkeiten gibt es in der Welt schon mal nicht. An jeder zweiten Ecke könnt ihr in kleinen Altären Kerzen anzünden, und Mordimer ein Gebet sagen lassen – den Zweck erklärt das Spiel nur unzureichend, ich weiß bis heute nicht, was diese Aktion bewirken soll.
Darüber hinaus beschränkt sich die „Erkundung“ auf die Benutzung des Betens: Mordimer kann jederzeit auf Knopfdruck ein Stoßgebet sagen, alles dunkelt sich ab und im Batman Arkham-stil kann man direkt sehen, wo die Reise hingehen soll – da hinten leuchtet was, da muss ich hin. Komplex ist anders.
Bleiben die Dialoge – hier muss erst mal positiv erwähnt werden, dass ein kleinerer Titel, der natürlich nicht ansatzweise das Budget eines Witcher 3 hat, überhaupt eine (englische) Vertonung hat. Das ist nicht selbstverständlich. Mit ein paar Ausnahmen (hier sei der Merry Executioner genannt, der Gefangene mit seinen Reimen wortwörtlich foltert) sind die Performances außerdem in Ordnung. Oscar-reif würde ich allerdings keine davon nennen.
Die “Entscheidungen”, die ihr dabei trefft, fühlen sich nicht sehr bedeutungsvoll an. Man wird das Gefühl nicht los, dass man nur Kleinigkeiten beeinflussen kann, die Geschichte an sich aber in festgelegten Bahnen verläuft. Wirklich entscheidend ist nur eine Entscheidung gegen Schluss, die bestimmt, welches Ende ihr seht. Hier wurde leider Potential verschenkt.
In sogenannten “Unworld”-Sequenzen müsst ihr außerdem Rätseln auf den Grund gehen. Dafür werdet ihr in eine dämonische Parallelwelt verfrachtet, und müsst von Plattform zu Plattform laufen, um Gedankenfragmente aufzusammeln, die sich letztlich zu einer vollen Erinnerung zusammenfügen und euch so einen wichtigen Hinweis zur Lösung eines Falls geben. Wirklich ansprechend ist dieses im Kreis laufen, garniert mit weiteren öden Kämpfen, auch nicht.
Abschließend bleibt die Performance zu erwähnen. Mit einer Grafik, die noch aus PS3-Zeiten stammen könnte, sollte man eigentlich keine Probleme erwarten – Fehlanzeige. Selbst mit einer RX 7900 XTX läuft das Spiel bei 30 FPS, wenn es gut läuft. Dips in die 20er sind die Regel. Eine solche Leistung ist für einen 40€-Titel indiskutabel. Ich bin nicht der größte Grafikfetischist, aber zumindest Look oder Performance sollte stimmen. Wenn beides tankt, hört es bei mir auf.
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Fazit
Abseits von erfrischendem Setting und hier und da ansprechender Präsentation hat The Inquisitor leider nicht viel zu bieten, das überzeugt. Banales Gameplay gibt sich die Klinke mit erschreckend schlechter Performance. Fans von The Witcher und ähnlichen Adventures/RPGs könnten für einen 10er mal reinschauen, der Rest lässt bitte die Finger weg.